Über seine Anwälte hat sich der am 27. Oktober in Istanbul festgenommene Verleger und Menschenrechtler Ragip Zarakolu an die Öffentlichkeit sowie an die Veranstalter gewendet, die ihn am 5. und 6. November zu Tagungen nach Potsdam und Berlin eingeladen hatten.

In seinem von „Info Türk“ (Brüssel) veröffentlichten Brief schreibt Ragip Zarakolu: „Meine Verhaftung und die Anschuldigung, einer illegalen Organisation anzugehören, sind Teil einer Kampagne zur Einschüchterung aller Intellektuellen und Demokratien in der Türkei. Sie zielt insbesondere darauf ab, den Kurden jeglichen Rückhalt zu nehmen.“

R. Zarakolu teilt mit, dass die Polizei während der Durchsuchung seiner Wohnung lediglich einige Bücher als “Beweisstücke für ein Verbrechen” mitnahm, jedoch nichts fand, dass seine so genannten Beziehungen mit irgendeiner Organisation beweist.

Bei den als „Beweisstücken“ beschlagnahmten Büchern handelt es sich um den zweiten Band von „Vatansiz Gazeteci“ („Staatenloser Journalist“) von Dogan Özgüden (Herausgeber von „Info-Türk“), um „Habiba“ (Ender Öndes), das Buch „Friedensprozess“ von Yüksel Genç sowie um drei Buchmanuskripte zum Genozid an den Armeniern und zur armenischen Geschichte (wir erinnern daran, dass der „Belge“-Verlag die Veröffentlichung des von Suzan Zengin übersetzten Sammelbandes “Verfolgung, Vertreibung, Vernichtung der Christen im Osmanischen Reich 1912-1922“ [Münster 2004; 2007] sowie des ebenfalls von Suzan Zengin ins Türkische übersetzten Berichts der armenischen Deportierten Pailadzo Captanian [Leipzig 1998] vorbereitete).

Ragip Zarakolu berichtete auch, dass ihm im Polizeipräsidium sämtliche Bank- und Kreditkarten abgenommen wurden. Herr Zarakolu erinnerte in seinem Schreiben daran, dass er für den 5. und 6. November 2011 nach Berlin eingeladen worden war, sowie anschließend an die Colgate University (Los Angeles and Michigan): „Die Regierung schuldet den Veranstaltern eine Erklärung über die wahren Gründe meiner Verhaftung.“

Er schloss seinen Brief mit dem Appell: „Während meines Verhörs stellten sie keine einzige Frage nach der Organisation, deren Mitglied ich laut Anklage angeblich sein soll. Sie fragten einzig nach den Büchern, die ich verfasst oder zur Veröffentlichung herausgegeben hatte, nach öffentlichen Veranstaltungen, auf denen ich gesprochen oder an denen ich teilgenommen hatte. Ich meine, dass alle gemeinsam auf diese Verhaftungskampagne reagieren sollten, die sich zu einem kollektiven Lynchen entwickelt. Diesen ungesetzlichen Praktiken muss Einhalt geboten werden.”

Unser Menschenrechtskollege befindet sich derzeit im Metris-Hochsicherheitsgefängnis. Er soll jedoch ins Gefängnis von Edirne verlegt werden, wo sich bereits sein Sohn Deniz befindet.

Wie können Sie helfen?

1) Fordern Sie die Freilassung von Ragip und Deniz Zarakolu in Schreiben an die türkische Botschaft Berlin, an den Justizminister der Republik Türkei sowie an den Staatspräsidenten Gül und drücken Sie zugleich Ihre Besorgnis für das Schicksal der übrigen Gesinnungshäftlinge aus.

Botschaft der Republik Türkei Berlin, Rungestraße 9, 10179 Berlin, Tel 030 27585-0, Fax:+49 30 275 90 915; Email: botschaft.berlin@mfa.gov.tr

Cumhurbaşkan Abdullah Gül
06689 Çankaya, Ankara
Fax : (+90 312) 470 13 16
E-mail: cumhurbaskanligi@tccb.gov.tr
Republic of Turkey

Ministry of Justice
The Justice Minister Sadullah Ergin
06669 Kızılay/Ankara
Fax No. 0090/312 419 33 70

2) Unterschreiben Sie unsere Unterschriftensammlung an den Präsidenten der Republik Türkei und leiten Sie den URL an Freunde und Bekannte weiter:

https://www.aga-online.org/sofortige-freilassung-von-ragip-und-deniz-zarakolu/


Zarakolu’s first letter from prison

Publisher Ragip Zarakolu is currently kept at the Metris high-security prison while his son Deniz Zarakolu, other editor of the Belge Publishing House is under arrest at the Edirne Prison.

In his first letter sent from prison through his lawyer Özcan Kiliç, Ragip Zarakolu said: „My arrest and the accusation of membership of an illegal organization are parts of a campaign aiming to intimidate all intellectuals and democrats of Turkey and particularly to deprive the Kurds of any support.“

Zarakolu said that during the raid to his house the police confiscated only few books as „evidences of crime“ and found nothing about his so-called relations with any organization.

The books that confiscated as evidences of crime are the 2nd volume of Vatansiz Gazeteci (Stateless Journalist) by Dogan Özgüden, chief editor of Info-Türk, Habiba by Ender Öndes, Peace Process by Yüksel Genç, manuscripts three books about the Genocide of Armenians and the Armenian History.

He added that at the police headquarters, all his bank and credit cards were confiscated.

Reminding that he is invited as speaker to many conferences abroad, mainly next week to Berlin, later on to the US University Colgate, Los Angeles and Michigan, Zarakolu said: „The government should give them an answer explaining the real raison of my arrest.“

Zarakolu concluded his letter with the following appeal:

„During my interrogation, they did not ask any question about the organization of which I was accused of being a member. They questioned me only about the books that I wrote or edited for publication, the public meetings where I spoke or attended. I think that everybody should jointly react against this campaign of arrests that turns into a collective lynching. These illegal practices should be stopped.“

Quelle: http://www.info-turk.be/, 3. November 2011