Der Völkermord an den Armeniern bleibt ein kontrovers diskutiertes Thema und von massiven, sogar zwischenstaatlichen Konflikten um Deutungshoheiten geprägt. Das zeigten unlängst die heftigen Reaktionen in der Türkei auf eine im Bundestag verabschiedete geschichts- und erinnerungspolitische Resolution „Erinnern und Gedenken an den Völkermord an den Armeniern und anderen christlichen Minderheiten in den Jahren 1915 und 1916“.
In deutscher Sprache gibt es seit den 1920er Jahren Versuche zur literarischen Aufarbeitung des sperrigen Themas. Wie behandelt aber die gegenwärtige transnationale Erzählprosa den Genozid an den Armeniern? Dazu hat die Arbeitsgruppe Anerkennung Dr. Kirsten Prinz als Referentin eingeladen. K. Prinz hat in ihrer Dissertation das Thema am Beispiel dreier Gegenwartsromane (Edgar Hilsenrath: Märchen vom letzten Gedanken, Zafer Şenocak: Gefährliche Verwandtschaft, Esmahan Akyol: Goodbye, Istanbul) aufgearbeitet. Dabei geht sie auch auf die Frage ein, wie türkisch-deutsche Autor_innen Gedächtnisverbot und -blockade literarisch darstellen.
Gefragt wird zudem danach, wie Erinnerungen an den osmanischen Völkermord überhaupt literarisch darstellbar sind. So scheint gerade der Familienroman dazu geeignet, bruchstückhafte Überlieferung, Schweigen und Spurensuche darzustellen. Schließlich wird auf die grundsätzliche Bedeutung von Literatur für kollektive Gedächtnisbildung eingegangen.
Kirsten Prinz hat unter anderem zu grenzüberschreitendem, transnationalem Schreiben publiziert; sie arbeitet am Institut für Germanistik an der Justus-Liebig-Universität Gießen, wo sie Seminare zur öffentlichen Vermittlung von Literatur hält. Veranstaltungsform: Vortrag mit Diskussion
Eintritt Frei
Veranstaltungsort:
Literaturhaus Berlin, Kaminzimmer,
Fasanenstr. 23
10719 Berlin-Charlottenburg