Bundestagswahl 2021: Wahlprüfstein der AGA

Am 27. Juli 2021 baten wir die im Deutschen Bundestag vertretenen Parteien CDU/CSU, SPD, FDP, GRÜNE und LINKE um Antwort auf unseren erinnerungs- und geschichtspolitischen Wahlprüfstein (Anschreiben siehe unten). Bisher erhielten wir darauf von den Parteien Die LINKE, Die GRÜNEN sowie CDU/CSU (Nennung in der Reihenfolge ihrer Antworten) Nachricht. Die Antworten auf unseren Wahlprüfstein veröffentlichen wir hiermit.

Wir schrieben den Parteien CDU/CSU, SPD, FDP, LINKE und GRÜNE:

„Deutschland ist in drei serielle Genozide des 20. Jhs. als verantwortlicher Urheber bzw. als Mitwisser und Nutznießer verwickelt. Es handelt sich um den kolonialen Genozid in Namibia (die damalige Kolonie „Deutsch-Südwest“) an Herero, Nama und San 1904-1908, um die Vernichtung der europäischen Juden sowie Sinti und Roma während des Zweiten Weltkrieges und um den osmanischen Genozid an etwa drei Millionen indigenen Christen im Osmanischen Reich sowie im osmanisch besetzten Nordwest-Iran vor, während und nach dem Ersten Weltkrieg (1912-1922).

Schulunterricht über Völkermord sollte daher in Deutschland vor allem an Hand dieser drei Beispiele erfolgen.

Vor fünf Jahren verabschiedete der deutsche Gesetzgeber eine Resolution, in der er 101 Jahre post factum die an Armeniern und „anderen Christen“ des Osmanischen Reiches begangenen Verbrechen als Völkermord im Sinne der Genozid-Konvention der Vereinten Nationen wertete1. Die Bundestagsresolution vom 2. Juni 2016 enthält eine Reihe von wichtigen bildungs- und erinnerungspolitischen Forderungen an die Bundesregierung. Der deutsche Gesetzgeber stellte dazu in dieser Resolution fest:

„Heute kommt schulischer, universitärer und politischer Bildung in Deutschland die Aufgabe zu, die Aufarbeitung der Vertreibung und Vernichtung der Armenier als Teil der Aufarbeitung der Geschichte ethnischer Konflikte im 20. Jahrhundert in den Lehrplänen und -materialien aufzugreifen und nachfolgenden Generationen zu vermitteln. Dabei kommt insbesondere den Bundesländern eine wichtige Rolle zu.“

Geschehen ist freilich in fünf Jahren – nichts. In etwa einem Drittel der Bundesländer können andere Völkermordbeispiele als die Schoah optional unterrichtet werden, was in der Praxis nicht der Fall ist.

Vor diesem unbefriedigenden Hintergrund fragen wir Sie:

Wie wird sich Ihre Partei dafür einsetzen, dass neben der Schoah auch der osmanische Genozid sowie der Genozid in Namibia in deutschen Schulen verpflichtend behandelt wird?

Die Antworten der Parteien: