Neue Veröffentlichung des Integrationsbeauftragten liegt jetzt vor

Berliner Landesbehörde für Integration und Migration veröffentlicht Armenier-Heft „Armenier in Berlin – Berlin und Armenien“ ist der Titel einer Broschüre, die der Beauftragte des Senats von Berlin für Integration und Migration, Günter Piening jetzt in der Serie zu in Berlin lebenden Minderheiten herausgegeben hat. Eigentlich sollte das Heft später im Laufe dieses Monats vorgestellt werden. Um nicht Spekulationen und Gerüchten über den Inhalt der Arbeit weiter Raum zu geben, wie sie in einigen konservativen türkischen Presseorganen zu lesen waren, hat sich der Integrationsbeauftragte entschlossen, die Broschüre jetzt zu veröffentlichen. Piening verbindet die Vorstellung der Broschüre, die in der Reihe „Minderheiten in Berlin“ erscheint, mit der Hoffnung, über Information und Veranstaltungen den Dialog über geschichtliche Verantwortung in einer Einwanderungsstadt mit allen Migranten-Gruppen zu führen. Die armenische Gemeinschaft in Berlin umfasst ca. 2000 Personen und wird bestimmt von Einwanderern vor allem aus der Türkei, dem Iran, dem Libanon und der russischen Föderation. Die Autorin, Dr. Tessa Hofmann, Armenien-Expertin und wissenschaftliche Angestellte am Osteuropa-Institut der Freien Universität, zeichnet die Geschichten und die Geschichte nach, die Armenien und die Armenier mit der deutschen Hauptstadt verbinden.

Piening: „Eine der Aufgaben dieser Reihe ist es, den historischen Spuren nachzugehen, die die jeweiligen Minderheiten und Kulturen in der Stadt hinterlassen haben. Dies ist ein wichtiger Aspekt der Integration. Zum einen erleben die Minderheiten, dass sie in Berlin ein Stück Heimat vorfinden, zum anderen lernen die „Mehrheits-Berliner“, wie sehr ihre Stadt jeher von Einwanderung und kulturellem Austausch geprägt wird. Für die Minderheiten, die in Berlin leben, ist es zentral, dass auch die dunklen Kapitel dieser Geschichte thematisiert werden. Sich der historischen Verantwortung zu stellen, ist notwendiger Teil eines Verständigungs- und Integrationsprozesses. Hier geht es nicht nur um das Verhältnis Deutsche-Zuwanderer, sondern auch um das Verhältnis der Zuwanderergruppen untereinander.“

Berlin ist seit dem 19. Jahrhundert ein Zentrum von Armenistik und Armenologie. Vor allem aber ist die Geschichte der armenischen Minderheit in Berlin die Geschichte einer armenischen Diaspora. Ohne die Thematisierung von Vertreibung und Vernichtung der Armenier in der Zeit des 1. Weltkrieges ist die Situation der Berliner Armenierinnen und Armenier nicht zu verstehen. Es ist das Verdienst der Untersuchung, dass dabei die bis heute in der Öffentlichkeit weitgehend unbekannte Berliner Mitverantwortung für die Vertreibungen der Armenier ausführlich belegt wird. Die Broschüre geht der Verantwortung nach, die Berlin in dieser Zeit als enger Verbündeter der Türkei hatte, zeigt aber auch, wie sich Berlinerinnen und Berliner damals aktiv für die Belange der Armenier eingesetzt und den Völkermord angeklagt haben.

Piening: „Migranten bringen nicht nur Geschichten, sondern auch Geschichte mit in die Stadt. In unserer Stadt leben auch Menschen unterschiedlicher Herkunftsländer zusammen, die in ihrer Vergangenheit nicht nur friedlich und freundschaftlich miteinander verbunden waren – Deutsche und Herero, Russen und Tschetschenen, Bosnier und Serben, Türken und Armenier, Chinesen und Tibeter. Integration heißt auch, diese Geschichte nicht zu verdrängen, sondern sie zum Thema zu machen. Hier geht es nicht um Schuldzuweisung, sondern um Verständigung für die Zukunft. Die deutsche Geschichte zeigt, dass nur ein offener Umgang mit Geschichte eine gemeinsame Zukunft ermöglicht.“

Bereits vor der Herausgabe der Broschüre war es von konservativer türkischer Seite zu Protesten gegen die Herausgabe gekommen.

Piening erklärte dazu: „Die Ereignisse rund um die Veranstaltungen zum 90. Jahrestag des Völkermordes haben gezeigt, wie hoch emotionalisiert das Thema leider immer noch ist. Ich bedauere die Bestrebungen einiger konservativ-nationalistischer türkischer Kreise sehr, die die Erinnerung an den Völkermord an den Armeniern mit einem Tabu belegen wollen. Dieses wäre für eine Stadt wie Berlin, in der verschiedene Minderheiten zusammenleben müssen, ein verhängnisvoller Weg.

Es ist auch Aufgabe von Integrationspolitik, den Dialog über diese geschichtlichen Erfahrungszusammenhänge zu organisieren. Darum wird die Herausgabe der Broschüre eingebettet in eine Reihe von Veranstaltungen zum Thema Migration und geschichtliche Verantwortung sowie von deutsch-türkisch-armenischen Dialogveranstaltungen.

Des Weiteren ist es Ziel, in den Schulen die Geschichte der Einwanderer stärker zu thematisieren. Es ist zu begrüßen, dass das Land Brandenburg derzeit als erstes Bundesland überhaupt eine Handreichung zum Themenfeld „Völkermord“ für den Unterricht erarbeitet. Hier könnte eine wichtige Anregung auch für die Weiterentwicklung des Berliner Geschichtsunterrichts liegen. “

Armenier in Berlin – Berlin und Armenien

Autorin: Dr. Tessa Hofmann, mit Beiträgen von Doğan Akhanlı und Yelda

ISBN: 3-938352-05-1

Preis: 3,00 € (zzgl. Portokosten bei Versand)

ist erhältlich beim:

Beauftragten des Senats für Integration und Migration
Potsdamer Straße 65
10785 Berlin

Email:    Integrationsbeauftragter@auslb.verwalt-berlin.de