Mit folgenden Worten geben Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern ihrer Sorge um Kulturgüter im aserbaidschanisch besetzten Karabach Ausdruck:


Aufruf zum Schutz der Kulturgüter in Karabach

Als Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, die sich besonders den Kirchen und der Kultur Armeniens verbunden fühlen, hat uns nicht nur der Verlauf des Krieges um Berg Karabach mit Sorge erfüllt, sondern auch die Frage der Zukunft der dort lebenden Menschen und des kulturellen Erbes. Die Gefährdung armenischer Kultur kann uns nicht gleichgültig sein, nicht nur weil kulturelle Minderheiten prinzipiell zu schützen sind, sondern auch, weil das kulturelle Erbe Armeniens zu unserem gemeinsamen christlichen Erbe gehört. Wir lehnen die ideologische Umdeutung oder Zerstörung historischen kulturellen Erbes ab, insbesondere, wenn diese einer politischen Instrumentalisierung dienen. Als Christinnen und Christen sehen wir uns zur Solidarität mit Glaubensgeschwistern verpflichtet, die in ihrer kulturellen Identität bedroht sind.

Die gegenwärtige Lage belegt, wie schwer es sein wird, die Zeugen armenischer Präsenz in der Region zu erhalten, deren Erbe zu pflegen und ausländischen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern Zugang zu den wichtigsten Orten zu gestatten. Wege aufzuzeigen, die das Erbe armenischer Präsenz sichern, um ideologischen Engführungen entgegenzuwirken, scheint uns dringend geboten. Als Voraussetzung für eine Verbesserung der Situation sehen wir aktuell die dringende Notwendigkeit, alle möglichen Schritte in Richtung auf eine Versöhnung zwischen den verfeindeten Völkern hin zu unternehmen.

Deshalb rufen wir auf:

  • – zum Schutz von christlichen Monumenten vor Umwidmung und Zerstörung und vor Ent-Armenisierung
  • – zur Zulassung internationaler Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler zur Sicherung des kulturellen
  •   Erbes der Region
  • – zur Sicherung des Zugangs der christlichen Stätten für Pilger
  • – zur Beendigung von Kriegsrhetorik

und schlagen vor

  • – vertrauensbildende Maßnahmen einzuleiten
  • – andere Institutionen zu Stellungnahmen zu ermutigen
  • – die Veranstaltung von Workshops und internationalen Fachtagungen zu
  •   Klöstern/Theologie/Frömmigkeit/Konflikt- und Friedensforschung (mit international ausgerichteten
  •   Publikationen) zu fördern

Dieser Aufruf wurde verfasst und unterzeichnet von den Teilnehmerinnen und Teilnehmern an einem (online durchgeführten) Fachgespräch, das am 4. März 2021 stattfand:

Die Organisatorin und Organisatoren:
Prof. Dr. Martin Tamcke, Göttingen
Prof. Dr. Andreas Müller, Kiel
Pfrin. Dr. Dagmar Heller, Bensheim

Teilnehmerinnen und Teilnehmer:
Dr. Mekhak Ayvazyan, Erlangen
Prof. Dr. Armenuhi Drost-Abgaryan, Halle
Prof. Dr. Hacik Rafi Gazer, Erlangen
Prof. em. Dr. Martin George, Berlin
Prof. Dr. Theresia Hainthaler, Frankfurt
Dr. Harutyun Harutyunyan, Yerevan
Dr. Tessa Hofmann, Berlin
Dr. Armen Kazaryan, Moskau
Prof. em. Dr. Klaus Koschorke, München
Pastorin Hanna Lehming, Hamburg
Dr. Johannes Oeldemann, Paderborn
Georgios Vlantis, M.Th., München

Weitere Unterzeichnende:
Pfr. Teja Begrich, Mühlhausen
Prof. Dr. Thomas Bremer, Münster
PD Dr. Ciprian Burlacioiu, München
Pfr. Dr. Axel Meißner, Schkeuditz
Dr. Anna Briskina-Müller, Halle
Prof. em. Dr. Wolfgang Hage, Marburg
Dr. Erica C.D. Hunter, London
Pfr. Christian Kurzke, Rüdersdorf/Magdeburg
Markus Meckel, Berlin
Prof. Dr. Dimitrios Moschos, Athen
Dr. Rima Nasrallah, Beirut
Arpine Papikyan, Göttingen
Prof. Dr. Karl Pinggéra, Marburg
Propst Dr. Johann Schneider, Halle
Prof. Dr. Martin Wallraff, München
Prof. Dr. Dorothea Weltecke, Frankfurt

Downloads:

Kloster Amaras, gegründet im 4. Jh. durch Grigoris (gest. 338), Enkel des Grigor Lussaworitsch („Erleuchter“ Armeniens), und dessen Grablege. Ein Grab für seine Überreste unter der Apsis der Kirche St. Grigoris (19. Jh.) hat überdauert. Das Kloster war im Mittelalter ein bedeutendes Kultur- und Bildungszentrum. Anfang des 5. Jahrhunderts gründete hier Mesrop Maschtoz (der Schöpfer des armenischen Alphabets) die erste Schule des christlichen Armenien. Im Karabacher Bezirk Martuni gelegen, befindet sich das Kloster in prekärer Nähe zum Frontverlauf

Kloster Dadiwank (auch Chutawank – „Hügelkloster“), Bezirk Karwadschar (Kelbadschar), errichtet vom 9. bis 13. Jh.: Die beliebte Pilgerstätte steht gegenwärtig unter dem Schutz russischer Friedenstruppen

Wehrkloster Zizernawank („Schwalbenkloster“), 5. oder 6. Jh. mit dreischiffiger Basilika

Kloster Ktitsch (9./10. Jh.)

Kloster Hl. Jerische Arakyal (4. Jh.), Martakert

Appeal for the Protection of Cultural Heritage in Karabakh

As scholars who feel particularly connected to the churches and the culture of Armenia, we are concerned not only with the course of the Nagorno-Karabakh war, but also with the question of the future of the people living there and the cultural heritage. The threat to Armenian culture cannot be indifferent to us, not only because cultural minorities are to be protected in principle, but also because the cultural heritage of Armenia is part of our common Christian heritage. We reject the ideological reinterpretation or destruction of historical cultural heritage, especially if this serves a political instrumentalization. As Christians, we feel obliged to show solidarity with fellow believers whose cultural identity is threatened.

The current situation shows how difficult it will be to preserve the witnesses of the Armenian presence in the region, to preserve their heritage and to allow foreign scholars access to the most important places. It seems to us to be urgently necessary to show ways that secure the legacy of the Armenian presence in order to counteract ideological constrictions. As a prerequisite for improving the situation, we currently see the urgent need to take all possible steps towards reconciliation between the warring peoples.

Therefore we call on:

  • – to protect Christian monuments from rededication and destruction and from de-Armenization
  • – for the admission of international scientists to safeguard the cultural heritage of the region
  • – to secure access to Christian sites for pilgrims
  • – to end war rhetoric

and propose

  • – to initiate confidence-building measure
  • – to encourage other institutions to comment
  • – to promote the organization of workshops and international specialist conferences on
  •   monasteries / theology / spirituality/ conflict and peace research
  •   (with internationally oriented publications)

This call was written and signed by the participants in an (online) expert conference that took place on March 4, 2021:

The Organizers:
Prof. Dr. Martin Tamcke, Göttingen
Prof. Dr. Andreas Müller, Kiel
Rev. Dr. Dagmar Heller, Bensheim

Participants:
Dr. Mekhak Ayvazyan, Erlangen
Prof. Dr. Armenuhi Drost-Abgaryan, Halle
Prof. Dr. Hacik Rafi Gazer, Erlangen
Prof. em. Dr. Martin George, Berlin
Prof. Dr. Theresia Hainthaler, Frankfurt
Dr. Harutyun Harutyunyan, Yerevan
Dr. Tessa Hofmann, Berlin
Dr. Armen Kazaryan, Moskau
Prof. em. Dr. Klaus Koschorke, München
Rev. Hanna Lehming, Hamburg
Dr. Johannes Oeldemann, Paderborn
Georgios Vlantis, M.Th., München

Further undersigned:
Prof. Dr. Thomas Bremer, Münster
Dr. Anna Briskina-Müller, Halle
Prof. Dr. Wolfgang Hage, Marburg
Rev. Christian Kurzke, Rüdersdorf/Magdeburg
Markus Meckel, Berlin
Rev. Dr. Axel Meißner, Schkeuditz
Prof. Dr. Dimitrios Moschos, Athen
Arpine Papikyan, Göttingen
Prof. Dr. Karl Pinggéra, Marburg
Rev. Dr. Johann Schneider, Halle
Prof. Dr. Martin Wallraff, München
Prof. Dr. Dorothea Weltecke, Frankfurt

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