In Berlin veröffentlichte die Sektion von DurDe! folgende Erklärung zum Gedenktag an die Opfer des Genozids an armenischen Christen im Osmanischen Reich:

Unser aller Schmerz
Unsere gemeinsame Trauer
24. April

Am 24. April 1915 wurden in Istanbul knapp 2000 Armenier osmanischer Staatsbürgerschaft, die der intellektuellen Elite angehörten, ohne ersichtlichen Grund festgenommen. Die Verhafteten gehörten ausschließlich angesehenen Berufsgruppen an, sie waren als Lehrer, Ärzte, Politiker, Anwälte und Journalisten tätig. Nach einiger Zeit wurden sie nach Anatolien verschleppt und größtenteils auf brutale Weise ermordet. Dies ist durch zahlreiche Dokumente nachweisbar.

Nach einem Gesetz, das am 27. Mai 1915 von den Osmanen verabschiedet wurde, wurden alle Armenier nach und nach dazu gezwungen, ihre Häuser zu verlassen. Wenig später waren die Straßen Anatoliens von den Leichen der an den unmenschlichen Bedingungen der Deportation, Misshandlungen und an brutalen Morden zugrunde gegangenen Armenier übersät. Die wenigen Überlebenden, hauptsächlich Frauen und Kinder, wurden gezwungen, ihre Religion, Sprache und Identität für immer zu verheimlichen und zu verleugnen. Dieser Schrecken, der zwischen 1885-1918 in Anatolien herrschte, wurde teils von den hinterbliebenen Witwen und Waisen, teils von den ausländischen Augenzeugen, die sich zu diesem Zeitpunkt im Land befanden, mündlich überliefert, in Tagebucheinträgen und Fotografien dokumentiert und uns so zugänglich gemacht. Einen anderen Beweis liefern kodierte Telegramme, welche von Führenden des Einheit- und Fortschrittregimes Talat Pascha, Enver Pascha und Cemal Pascha an weitere Verantwortliche geschickt wurden. Die meisten dieser Dokumente sind für die Öffentlichkeit zugänglich. Zeugen des Erlebten sind nicht nur die Großmütter und Großväter, die ihre wahre Identität und all ihren Schmerz mit ins Grab nahmen, sondern auch die von Armeniern hinterlassenen Häuser, Kirchen und Friedhöfe. Trotz der der Lügen- und Verleugnungspolitik des türkischen Staates werden diese stillen Zeitzeugen für immer ein Teil unseres Lebens sein. Alle kennen die Bezeichnung des Zeitabschnitts „Zeit der Armenierschlachtung Ermenilerin kesildiği zaman“, die „vom Schwert Übriggebliebenen Kılıç artığı“ sowie „Armeinerklippe Ermeni yarı“.

Nach internationalen Konventionen werden staatlich organisierte Umsiedlungen, die eine bestimmte ethnische Gruppe betreffen, zudem in der Ausführung eine Systematik aufweisen, bei der die menschliche Würde und Versicherung von Leben und Gütern nicht bewahrt wird, sowie die erzwungene Aufgabe der Identität und Zwangskonvertierung von Kindern als Hauptkriterien vom Völkermord aufgezeigt. Das in den Jahren 1885-1918 in Anatolien Erlebte erfüllt nach diesen Richtlinien die Kriterien eines Völkermordes.

Trotzdem wird in der heutigen Türkei die Geschichte verleugnet, Opfer werden zu Tätern gemacht und Armenier sind häufig verhasst. Wir sehen es als unsere menschliche Pflicht an, uns mit der wahren Geschichte unseres Landes auseinanderzusetzen und fordern konkrete Schritte vom türkischen Staat. Wir können die Zeit nicht zurückdrehen. Aber wir können unseren Kindern eine Zukunft ermöglichen, welche nicht von Krieg und Hass, sondern von Nächstenliebe und Brüderlichkeit geprägt ist.

24. April 2011

Irkçılığa ve Milliyetçiliğe DurDe! Berlin
Sag Stopp zum Rassismus und Nationalismus „DurDe!“ Berlin

Aktionen in Berlin:

23.04.2011, 14.30-16.00 Uhr:
Mahnwache vor dem Türkischen Generalkonsulat in Berlin
Heerstr. 21, 14052 Berlin

25.04.2011, 17.00 Uhr:
Gedenkveranstaltung im Französischer Dom am Gendarmenmarkt, Berlin-Mitte

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