Mit Erleichterung, Dank und Hoffnung haben wir den gestrigen Tagesnachrichten entnommen, dass im Deutschen Bundestag am 24. April 2015 eine Beschlussvorlage der Großen Koalition zur Abstimmung gelangen soll, die die Vernichtung der Armenier im Osmanischen Reich – endlich! – als Völkermord bewertet. Mit ihrer Entscheidung für den einzigen sachgemäßen und rechtlich angemessenen Begriff beenden die beiden Regierungsparteien ihr jahrzehntelanges Schweigen und Ausweichen und ebnen den Weg für eine förmliche Anerkennung Deutschlands.

Wir hoffen, dass die Formulierung des deutschen Gesetzgebers auch die Mitopfer der Armenier berücksichtigen wird, namentlich die nach Expertenmeinung über eine Million zählenden griechisch-orthodoxen Christen osmanischer Staatszugehörigkeit, die vor, während und nach dem Ersten Weltkrieg genozidal vernichtet wurden.

Wir hätten es begrüßt, falls eine Entscheidung des Bundestags zur Anerkennung des osmanischen Genozids bereits vor 15 Jahren gefallen wäre, als der Bundestag erstmalig mit einer aus der Zivilgesellschaft Deutschlands stammenden Massenpetition zur Anerkennung befasst war. So aber blieben wesentliche erinnerungspolitische Handlungsfelder im Bereich der schulischen und außerschulischen Unterrichtung über Völkermord unbearbeitet, mit dem Ergebnis, dass Deutschland zu einer Exklave der offiziellen türkischen Leugnungskonstrukte werden konnte. Ebenso wenig war es lokalen Initiativen aus armenischen und türkeistämmigen Zuwanderungsgemeinschaften möglich, an ihren Wohnorten in Deutschland Trauer- und Gedenkorte zu schaffen. Wie aktuelle Beispiele in Gütersloh, Leer (Ostfriesland) und Köln zeigen, scheitert dies bisher an den jeweiligen Ortsbehörden.

Während für die Trauer und den Schmerz der Nachfahren der Völkermordopfer bisher kein Platz im öffentlichen Raum deutscher Gemeinden war, konnten führende Organisatoren des Genozids an Armeniern und auch Griechen öffentlich geehrt und verehrt werden, namentlich auf dem Friedhof der Şehitlik Moschee (Berlin-Neukölln), wo sich „Ehrengräber“ für Cemal Azmi und Bahaeddin Şakir befinden. Auch auf die wissenschaftliche Aufarbeitung des osmanischen Genozids und insbesondere der Rolle Deutschlands wird sich die Anerkennung des Bundestags positiv auswirken.

Unser Dank gilt bei dieser Gelegenheit allen, die zum Gesinnungswechsel innerhalb der deutschen Regierungsparteien beigetragen haben, insbesondere aber der Beharrlichkeit der armenischen Gemeinschaft Deutschlands. Durch sie wurde die deutsche Öffentlichkeit für das Verbrechen des Völkermords und seine über Generationen nachwirkenden Folgen sensibilisiert.

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