Bis in die 1960er wurde Überlebenden die Zahlung von Entschädigungsleistungen verweigert. Erst 1982 erkannte der Deutsche Bundestag die an Sinti und Roma begangenen Verbrechen, bei denen bis zu 500.000 Menschen ermordet wurden, als Völkermord an. Bundeskanzler Helmut Schmidt formulierte die Anerkennung am 17. März 1982 mit den Worten: „Den Sinti und Roma ist durch die NS-Diktatur schweres Unrecht zugefügt worden. Sie wurden aus rassischen Gründen verfolgt. (…) Diese Verbrechen haben den Tatbestand des Völkermordes erfüllt.“
Zehn Jahre nach der Anerkennung beschlossen die deutschen Gesetzgeber die Errichtung einer Gedenkstätte, die nun nach 20 weiteren Jahren und heftigen internen Auseinandersetzungen um die Zueignung des Denkmals bei einem feierlichen Staatsakt eingeweiht wurde.
Die Menschen, die der Nationalsozialismus als „Zigeuner“ bezeichnete, verfolgte und vernichtete, nannten sich selbst Sinti, Roma, Lalleri, Lowara und Manusch. Von Verfolgungsmaßnahmen betroffen waren auch Angehörige der eigenständigen Opfergruppen der Jenischen sowie andere Fahrende.
Seit 2001 stand die Entscheidung für den Simsonweg an der Scheidemannstraße in Berlin-Tiergarten als Baugrund für das künftige Denkmal fest. Es befindet sich somit in unmittelbarer Nähe des Reichstags und fügt sich in die Reihe von vier nationalen Gedenkstätten zur Erinnerung an die unter nationalsozialistischer Herrschaft an den Juden Europas, den Homosexuellen sowie an hilflosen Kranken und Behinderten („Euthanasie“) begangenen Verbrechen gegen die Menschheit. Architektonisch gestaltet wurde das Denkmal von dem israelischen Künstler Dani Karavan, der es in seiner gestrigen Ansprache als das vermutlich wichtigste Werk seines Lebens bezeichnete. Es symbolisiert, auf schwarzem Granit, einen ins Unendliche abstürzenden kreisrunden Brunnen der Tränen, in dessen Zentrum sich ein schwarzes Dreieck befindet, in dem jeden Tag eine neue frische Blume aufsteigt bzw. versinkt: „Das Wasser umfängt den Himmel, den blauen, den grauen, den schwarzen Himmel. Die Wolken, das Licht, das Dunkel. Alles wird verschlungen vom wirbelnden Wasser. Allein der Klag einer einsamen Geige ist geblieben von der gemordeten Melodie, schwebend im Schmerz“ (Dani Karavan). Am Rande des Brunnens stehen Worte aus dem Gedicht „Auschwitz“ des italienischen Rom Santino Spinelli: „Eingefallenes Gesicht / erloschene Augen / kalte Lippen / Stille/ ein zerrissenes Herz / keine Worte / keine Tränen“.
Weil erst 67 Jahre nach dem Ende der Naziherrschaft errichtet, haben viele Überlebende die Einweihung dieses Denkmals nicht mehr miterleben können. Der niederländische Rom Soni Weisz – einer der letzten 100 Überlebenden – erinnerte in seiner beeindruckenden Ansprache daran, ebenso wie an den Umstand, dass Sinti und Roma bis heute Ausgrenzung und Verfolgung erleiden, namentlich in südeuropäischen Staaten. Er und der Vorsitzende des Zentralrats der Sinti und Roma in Deutschland, Romani Rose, mahnten die immer noch ausstehende Umsetzung des EU-Rahmenabkommens zur Integration der Roma an. Die Bundeskanzlerin Angela Merkel blieb dagegen in ihrer Ansprache blass und unverbindlich, auch wenn sie an die Pflicht erinnerte, die Würde eines jeden einzelnen Menschen zu achten. Dazu müsste sie sich allerdings im eigenen Kabinett mit ihrem Innenminister Friedrich auseinandersetzen, der die Visumspflicht für Reisende aus Makedonien und Serbien wieder einführen will. Versuche, Protestflugblätter gegen Schnellverfahren von Roma-Asylsuchenden und gegen rassistische Hetze gegen Roma in Deutschland unter den Teilnehmern des Staatsakts zu verteilen, wurden ebenso energisch unterbunden wie Zwischenrufe in diese Richtung.
Die Arbeitsgruppe Anerkennung war bei dem Staatsakt durch ihre Vorstandsmitglieder Dr. Tessa Hofmann und Dr. Gerayer Koutcharian vertreten.
Als langjährige Mitglieder der Gesellschaft für bedrohte Völker gehören beide zu jenen, die in den frühen 1980er Jahren für die Anerkennung des Völkermordes an Sinti und Roma eintraten und sich den Anliegen des Roma-Zentralrats verpflichtet fühlen. Beide verließen die Eröffnungsveranstaltung mit dem zwiespältigen Gefühl, dass zwar einerseits den Ermordeten – mit großer Verspätung – endlich Respekt gezollt wurde, andererseits die Probleme der heutigen Roma gänzlich ungelöst blieben. Angesichts von europaweit steigendem Nationalismus und Rechtsradikalismus gehören Roma und Fahrende leider weiterhin zu den gefährdetsten Minderheiten unseres Kontinents.