In seinem heutigen Schreiben an die Bundestagsabgeordneten appellierte der Generalsekretär der Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV), Tilman Zülch, an die Abgeordneten des Bundestags, im „Anerkennungs“-Beschluss auch die Opfer der griechisch-orthodoxen Gemeinschaft im Osmanischen Reich zu berücksichtigen.

Die GfbV hat Ende der 1970er Jahre als erste bundesdeutsche Organisation durch eine Reihe von Publikationen die Erinnerung an den Völkermord an Christen im Osmanischen Reich wieder in Erinnerung gerufen.


An die Mitglieder des Deutschen Bundestags

Göttingen/Berlin, den 30.05. 2016

Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete,

die Bundestagsresolution „Erinnerung und Gedenken an den Völkermord an den Armeniern und anderen christlichen Minderheiten in den Jahren 1915 und 1916“ (Drucksache 18/[…]), die am Donnerstag verabschiedet werden soll, ist nach Meinung der Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) nicht vollständig. Für unsere internationale Menschenrechtsorganisation für ethnische, religiöse und sprachliche Minderheiten weise ich darauf hin, dass

die Opfergruppe der Griechen (Trakische Griechen [ab 1912], Pontos-Griechen [1916/17] und Ägäis-Griechen [1919-22]) unbedingt erwähnt werden sollte das Wort „Vertreibung“ zwar 14 Mal im Text steht, die Bezeichnung „Vertreibung“ jedoch kein Synonym für die „Deportationen“ und/oder die „Todesmärsche“ ist, die stattgefunden haben. Selbst die offizielle Türkei spricht seit den 1980er Jahren von „Deportationen“.

Zwar immer wieder auf die Notwendigkeit einer Versöhnung zwischen Türken und Armeniern hingewiesen wird. Doch es muss auch auf eine Normalisierung der Beziehungen zwischen Türken auf der einen Seite und den Aramäern/Assyrern/Chaldäern und Griechen auf der anderen Seite hingewirkt werden.

Zu dieser Versöhnung muss auch gehören, dass die Nachkommen der Opfer, die als „versteckte Christen“ eine Existenz der Leugnung der eigenen Identität fristen, ihre Identität wieder annehmen und offen leben dürfen die Gerechten, die Christen gerettet haben, geehrt werden.

Da der Völkermord an den Armeniern und anderen christlichen Minderheiten strafrechtlich folgenlos blieb, nahm die türkische Regierung die nächsten Minderheiten ins Visier. Bis heute werden Kurden, Aleviten, Yeziden und Assyrer/Aramäer in der Türkei aufgrund der Zugehörigkeit zu ihrer Volksgruppe bzw. ihrer Religionsgemeinschaft diskriminiert, schikaniert und haben kein Anrecht auf Gleichbehandlung.

Mit freundlichen Grüßen
Tilman Zülch, GfbV-Generalsekretär


>>>>>>>>>>>>> Für Menschenrechte. Weltweit. <<<<<<<<<<<<<<<
Gesellschaft für bedrohte Völker / Society for Threatened Peoples
P.O. Box 20 24 – D-37010 Göttingen/Germany

Nahostreferat/ Middle East Desk
Dr. Kamal Sido – Tel: +49 (0) 551 49906-18 – Fax: +49 (0) 551 58028

E-Mail: nahost@gfbv.de – www.gfbv.de

Besuchen Sie uns auf Facebook: www.facebook.com/bedrohteVoelker und https://www.facebook.com/KamalSiddo

GfbV Berlin – der Blog: http://gfbvberlin.wordpress.com/