Zum ersten Mal in der Geschichte Südamerikas musste sich ein ehemaliges Staatsoberhaupt gerichtlich wegen Verbrechen gegen die Menschheit und Genozids verantworten: Der Oberste Gerichtshof Guatemalas verurteilte den Ex-Diktator Efraín Rios Montt zu insgesamt 80 Jahren Haft, davon 50 wegen des Genozids an den Ixil-Mayas in den Jahren 1982 und 1983 sowie 30 Jahre wegen diverser anderer Verbrechen gegen die Menschheit (systematische Vergewaltigungen, Folter, Niederbrennen von 400 Dörfern). Auf dieses Urteil hatten Menschenrechtler und Angehörige der Opfer seit Jahrzehnten gewartet. Der Bürgerkrieg in Guatemala hatte 1960-1996 über 200.000 Menschenleben gekostet, davon jeder zweite ein Angehöriger der indigenen Mayabevölkerung. Im Gerichtsverfahren gegen Montt wurden ihm insbesondere die über 1.700 massakrierten Ixil-Mayas als Völkermord zur Last gelegt.
Die Gesellschaft für bedrohte Völker verweist auf die anhaltende Gewalt gegen Maya-Frauen: „Seit dem Jahr 2000 stieg die Gewalt an Frauen in Guatemala dramatisch an – insgesamt wurden bis heute mindestens 3.200 Frauen brutal ermordet. Umgerechnet wird jeden Tag mehr als eine Frau getötet. Betroffen sind in erster Linie indigene Maya-Frauen, deren Leichen häufig im Müll am Straßenrand oder auf Deponien gefunden werden. Viele der Opfer werden vor ihrer Ermordung entführt, vergewaltigt, gefoltert und verstümmelt.“
Der inzwischen 86jährige Montt bestritt jede Verantwortung für die Verbrechen unter seiner Herrschaft Anfang der 1980er Jahre und kündigte Revisionsanträge an, die ihm möglicherweise sogar gelingen. Wie problematisch die juristische Aufarbeitung von Staatsverbrechen mit den Mitteln nationalstaatlicher Justiz ist, hatte sich rechtshistorisch erstmals bei den Verfahren gezeigt, die 1919 und 1920 von osmanischen Militärgerichten gegen Völkermörder aus den Reihen der türkisch-nationalistischen Partei „Einheit und Fortschritt“ geführt wurden.
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