Wie erwartet, bestätigte das Verfassungsgericht als oberste Gerichtsinstitution der Republik Armenien die Konformität der beiden fraglichen Protokolle vom 10. Oktober 2009, mit denen unter anderem die Aufnahme diplomatischer Beziehungen zwischen Armenien und der Türkei eingeleitet werden soll (vgl. News vom 10.10.2009), mit der Verfassung der Republik Armenien. In seiner unter Ausschluss der Öffentlichkeit herbeigeführten Entscheidung erhob das Gericht allerdings auch die Auflage, dass die „Protokolle“ nicht Paragraph 11 der Unabhängigkeitserklärung Armeniens widersprechen dürften. Dieser Paragraph sieht vor, dass die postsowjetische Republik „die Aufgabe (unterstützt), internationale Anerkennung für den Genozid von 1915 in der Osmanischen Türkei sowie in Westarmenien zu erlangen.“

Wie ebenfalls zu erwarten, befriedigte der Gerichtsentscheid weder die politische Opposition und Menschenrechtler in der Republik Armenien, noch ließ das türkische Außenministerium die Gelegenheit zur Kritik verstreichen. Die Kritik in Armenien richtete sich vor allem darauf, dass die Entscheidung des Verfassungsgerichts ambivalent und daher nicht handlungsorientierend gewesen sei. Larissa Alawerdjan, Parlamentsabgeordnete der oppositionellen „Erbe“-Partei und erste Öffentliche Menschenrechts-Verteidigerin der Republik Armenien, kritisierte, dass das Verfassungsgericht nicht seine Möglichkeit genutzt habe, die „Protokolle“ im politisch-rechtlichen Gesamtkontext zu beurteilen. Die Protokolle enthalten nach Ansicht von L. Alawerdjan durchaus einige verfassungswidrige Elemente. Vor allem sieht sie die Gefahr, dass sie als Präzedenzfall für Armeniens Anerkennung von Außengrenzen dienen könnten, die unter unrechtmäßigen und ungesetzlichen Umständen Armenien aufgezwungen wurden.

Während den armenischen Kritikern die Entscheidung des Verfassungsgerichts zu lau war, ging sie dem Außenministerium der Republik Türkei zu weit. Es bezeichnete Artikel 4 und 5 der Gerichtsentscheidung, der sich auf § 11 der armenischen Unabhängigkeitserklärung beziehen, als angebliche Vorbedingung. Damit machte sich das Außenministerium der Türkei die bisherige Argumentationsweise der Republik Armenien zu eigen, die stets eine bedingungslose Aufnahme diplomatischer Beziehungen gefordert hatte.

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