Die Anfang 2012 gegründete, gemeinnützige Fördergemeinschaft für eine Ökumenische Gedenkstätte für Genozidopfer im Osmanischen Reich e.V. (FÖGG) lädt zum Segnungsfest an der künftigen Gedenkstätte auf dem Evangelischen Luisenkirchhof III (Fürstenbrunner Weg 37-67, 14059 Berlin-Charlottenburg) ein.

EINLADUNG ZUM SEGNUNGSFEST DER KÜNFTIGEN GEDENKSTÄTTE FÜR GENOZIDOPFER IM OSMANISCHEN REICH

Auf dem denkmals- und landschaftsgeschützten Luisenkirchhof III (Fürstenbrunner Weg 37-67, 14059 Berlin-Charlottenburg) werden wir bis 2015 eine ökumenische Gedenkstätte für die Opfer des Genozids an etwa 3,5 Millionen Christen im Osmanischen Reich errichten. Die Anerkennung dieses persönlichen wie gemeinschaftlichen Trauerorts als öffentliches Denkmal streben wir an. Statt der üblichen Grundsteinlegung möchten wir die künftige Gedenkstätte am

13. Oktober 2012, ab 15:00 Uhr

erstmals der Öffentlichkeit und vor allem den Berliner Gemeinden und Gemeinschaften von Armeniern, Aramäern/Assyrern sowie Griechen Kleinasiens, des Pontos und Ostthrakiens vorstellen. Geistliche der armenisch-apostolischen, syrisch-orthodoxen sowie griechisch-orthodoxen Kirchen werden ein Gebet sprechen.

Sie finden die Gedenkstätte am Ende der Hauptachse des Luisenkirchhofs III, also gegenüber dem Haupteingang (hinter der zentralen Kapelle), an der Erbbegräbniswand.

Fahrtverbindungen mit öffentlichen Verkehrsmitteln: S-Bahnhof Messe Nord/ICC (Berlin), Busse: 139 (Richtung Hakenfelde, Werderstr.) bis Haltestelle „Friedhöfe Fürstenbrunner Weg“, M45 (ab Zoologischer Garten bis Haltestelle Spandauer Damm/Königin-Elisabeth-Straße).

Mit freundlichen Grüßen
Amill Gorgis (Vorsitzender)

Warum eine Gedenkstätte für Genozidopfer?

Anfang des 20. Jahrhunderts lebten auf dem Staatsgebiet der heutigen Türkei über fünf Millionen indigene Christen: Armenier, Aramäer/Assyrer sowie griechisch-orthodoxe Christen aus den Herkunftsgebieten Pontos, Kleinasien und Ost-Thrakien. Über drei Millionen wurden auf staatlichen Befehl in der letzten Dekade osmanischer Herrschaft genozidal vernichtet, bei Massakern, auf Todesmärschen und durch Zwangsarbeit.

Überleben hieß damals allzu oft: Zurücklassen der Schwachen und Kranken, der Sterbenden und am Straßenrand Verendenden oder der neu Geborenen und Wöchnerinnen. Als in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts zunehmend Christen aus der Türkei sowie anderen Staaten des Nahen Ostens nach Deutschland gelangten, befanden sich unter diesen de facto-Flüchtlingen viele, die von Überlebenden des Genozids abstammten. Sie alle einte das Bedürfnis, an ihre ermordeten Vorfahren zu erinnern. Doch bisher fehlen nicht nur in Berlin Orte, an denen persönliche oder gemeinschaftliche Trauer möglich sind.

Wer wir sind

Auch in der deutschen Hauptstadt Berlin bestehen Gemeinschaften und Gemeinden von Armeniern, aramäischsprachigen Christen (vor allem Syrisch-Orthodoxe) und Griechen, deren Herkunftsgebiet im Pontos, Ost-Thrakien oder Ionien lag.

Nach einer wissenschaftlichen Konferenz zum Thema des Genozids im spätosmanischen Reich (Technische Universität Berlin, 2002) entstand das Organisationskomitee „Mit einer Stimme sprechen!“, das 2008 die Initiative für einen ökumenischen Trauerort in der deutschen Hauptstadt ergriff. Dieses Vorhaben fand die Unterstützung der damaligen Bezirksbürgermeisterin von Charlottenburg-Wilmersdorf, Monika Thiemen, sowie der Gedenktafelkommission jenes Bezirks, der eng mit der armenisch-türkisch-deutschen Geschichte verbunden ist und in dem seit Jahrzehnten die beiden armenischen Gemeinden Berlins sowie eine der vier syrisch-orthodoxen Gemeinden der Hauptstadt ansässig sind.

Anfang 2012 wurde die Fördergemeinschaft für eine Ökumenische Gedenkstätte für Genozidopfer im Osmanischen Reich e.V. (FÖGG) als gemeinnützige Organisation in das Vereinsregister eingetragen. Zu ihren Satzungszielen gehört die Anerkennung der zu errichtenden Gedenkstätte als öffentliches Denkmal.

Die Gedenkstätte auf dem Luisenkirchhof III: Gestaltungsgrundsätze

Durch die Vermittlung der Gedenktafelkommission des Bezirks Charlottenburg-Wilmersdorf erhielten wir Kontakt zur Verwaltung des Luisenkirchhofs III, die uns an prominenter Stelle – am Ende der Hauptachse – vier benachbarte historische Erbbegräbnisstätten für einen Trauer- und Gedenkort zur dauerhaften Nutzung zur Verfügung stellte. Die neoromanischen bzw. neoklassizistischen Stilelemente der drei einstigen Grabmäler besitzen Parallelen in der armenisch-christlichen bzw. der antiken griechischen Architektur und laden somit zur Identifizierung als „Häuser“ der in dieser Gedenkstätte vereinten drei christlichen Opfergruppen ein.

Die künftige Gedenkstätte beruht auf dem Gestaltungsprinzip der „Einheit in der Vielfalt“: In drei Häuser gegliedert, doch durch eine gemeinsame Gedenkinschrift vereint, wird sie unter anderem die Alphabete und religiösen Symbole der jeweiligen Volks- und Religionsgruppe enthalten. Darüber hinaus unterstreicht das Konzept, dass Armenier, Aramäer/Assyrer und Griechen in der letzten Dekade osmanisch-türkischer Herrschaft nicht nur millionenfach ihr Leben verloren haben, sondern auch ihre seit drei Jahrtausenden angestammte Heimat. Die verlorenen Herkunftsorte werden symbolisch ebenso in die Gedenkstätte einbezogen, wie Sträucher und andere Pflanzen aus der Flora Armeniens, Kleinasiens und Nordmesopotamiens, die das Überleben und die Wiedergeburt verkörpern sollen. Bänke laden zum Verweilen und Gespräch, Podeste vor den drei Häusern und der Widmungsinschrift dienen der Ablage von Blumen, Gebinden und Kerzen. Vor der Gedenkstätte werden zwei Tafeln die Besucher über die geschichtlichen Hintergründe der Gedenkstätte informieren und per Barcode per Internet abrufbare Zusatzinformationen bereitstellen.

Als in der Hauptstadt angesiedelter Ort der Trauer, des Gedenkens, der Mahnung und Begegnung besitzt die künftige Gedenkstätte eine weit über Berlin hinausreichende Strahlkraft. Von zusätzlicher Anziehungskraft ist dabei der Umstand, dass sich unweit das Grab eines Sohnes von Pfarrer Johannes Lepsius befindet, des langjährigen Direktors der Deutschen Orient-Mission, der vor allem für seinen unermüdlichen Einsatz für die von Vernichtung bedrohten Armenier in der Türkei bis heute geehrt wird. Die architektonische Betreuung liegt bei Martin Hoffmann, der sowohl bauphysikalisch-restauratorisch wie auch gestalterisch einschlägige Referenzen vorweisen kann. Ein Abschluss der Bauarbeiten bis zum 24. April 2015 ist angestrebt. Dieses Datum markiert den 100. Gedenktag an den Beginn des Genozids an 1,5 Millionen Armeniern im Osmanischen Reich, ebenso wie den Genozid an Hunderttausenden aramäischsprachigen Christen unterschiedlicher Konfession im Osmanischen Reich sowie 1914 und 1918 im osmanisch besetzten Iran.

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Berlin-Charlottenburg, 13. Oktober 2012: Segnungsfest der Ökumenischen Gedenkstätte für Genozidopfer im Osmanischen Reich

Fotos: Lampros Savvidis