Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte erhob schwere Vorwürfe gegen die Türkei, auch dreieinhalb Jahre nach der Ermordung des armenischen Journalisten Hrant Dink am 19. Januar 2007 durch einen damals jugendlichen Rechtsradikalen die Hintergründe der Tat nicht wirksam untersucht zu haben und nichts zum Schutz des Opfers unternommen zu haben, obwohl Polizei und Gendarmerie in Istanbul und Trabzon über die Mordpläne und die Identität der mutmaßlichen Anstifter und Hintermänner informiert waren.

Wegen seiner Äußerungen zum Genozid an den Armeniern im Ersten Weltkrieg war Dink von türkischen Nationalisten bedroht und 2005 wegen „Beleidigung des Türkentums“ zu einer Bewährungsstrafe von sechs Monaten verurteilt worden. Noch zu Lebzeiten hatte der Journalist in Straßburg geklagt, dass diese Verurteilung sein Recht auf freie Meinungsäußerung nach Artikel 10 der Europäischen Menschenrechtskonvention verletzte. Auch in diesem Punkt gab der Gerichtshof dem Verstorbenen Recht. Der Familie des Opfers sprachen die Richter ein Schmerzensgeld von 105.000 EUR zu, zu zahlen aus der türkischen Staatskasse.

Laut der türkischen Zeitung „Milliyet“ hatte das türkische Außenministerium im August 2010 den ermordeten Journalisten mit dem deutschen Neonazi Michael Kühnen verglichen. Der in Deutschland verurteilte Kühnen hatte sich 1988 in einer Klage in Straßburg auf das Recht auf freie Meinungsäußerung berufen, war aber gescheitert.

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