Die Wallfahrt zum Fest „Maria Entschlafen“ (15. August) gehörte zu den größten Feierlichkeiten im Kirchenkalender der orthodoxen Pontosgriechen. Das spektakulär gelegene Kloster Panaghia („Allheilige“ Gottesgebärerin) von Sumela bei Trapesunta (türk. Trabzon) war seit dem Genozid an den Pontosgriechen (1916-1922) jahrzehntelang der Vernachlässigung und Zerstörung ausgesetzt. Die überdauernde Bausubstanz wurde vor einigen Jahren auf Kosten des Tourismus-Ministeriums restauriert und das Kloster dem Tourismus als Museum geöffnet.

Versuche von Touristen pontosgriechischer Abstammung, dort eine orthodoxe Messe zum höchsten Marienfest abzuhalten, scheiterten bis dahin. Noch im Sommer 2009 wandte sich der Kustos des „Museums“ gegen den russischen Duma-Abgeordneten pontosgriechischer Herkunft, Ivan Savvidis, als dieser mit einem russisch-orthodoxen Priester und pontosgriechischen Pilgern eine Messe abhalten wollte. I. Savvidis hat mit Spenden die Wiederaufnahme der Marien-Wallfahrt nach Sumela ermöglicht, nachdem Ankara politisch grünes Licht gegeben hatte.

Am 19. September 2010 soll auch erstmals seit dem Genozid wieder eine armenisch- apostolische Messe in der Heilig-Kreuz-Kirche (Surb Chatsch) auf der Wan-Seeinsel Achtamar gehalten werden. Allerdings steht das Ereignis nicht nur im Schatten von Morden an armenischen Tourist/Innen – darunter die schwangere Anna Dawtjan aus Tscharenzawan (Armenien) -, sondern auch der strikten Ablehnung durch große Teile der politischen Öffentlichkeit in Armenien und seiner Diaspora. Ein Beratungsgremium des Präsidenten der Republik Armenien hat dazu aufgerufen, nicht „an dieser billigen türkischen Schau“ teilzunehmen. Menschenrechtlich bedenklich sind die rassistischen Verhöre, die der türkische Geheimdienst mit mehreren tausend Familien in Van durchführte, die sich bereit erklärt hatten, wegen der Knappheit an Hotelzimmern armenische Besucher aufzunehmen. Die türkischen Sicherheitskräfte argwöhnen, dass es sich bei den gastfreundlichen Bewohnern von Van um türkisierte oder kurdisierte armenische Genozid-Überlebende und deren Nachfahren handeln könnte. Im Ergebnis der „rassischen“ Überprüfung der Gastgeber wurde einigen Familien untersagt, Armenier aus der Diaspora in Van zu empfangen.

Es wird wohl noch lange dauern, bis sich Armenier in der Türkei in Sicherheit fühlen und umgekehrt türkische Bürger ihre Gastfreundschaft für Armenier zum Ausdruck bringen können, ohne das Misstrauen ihrer Staatsschutzorgane auszulösen.