Seit Ende Juni 2013 wird die im 13. Jh. errichtete Kathedrale trotz internationaler Proteste und Appelle, den bisherigen Museumsstatus zu erhalten, für muslimische Gottesdienste zweckentfremdet.

Die Kathedrale der Heiligen Weisheit zu Trapesunta war nach der Einnahme des pontosgriechischen Klein-Kaiserreichs 1462 von den osmanischen Eroberern in eine Moschee umgewandelt worden, was im Frühjahr 2013 lokalen Gerichten genügte, um dem Anspruch der staatlichen türkischen Stiftungsbehörde stattzugeben; deren örtlicher Vertreter Mazhar Yιldιrιmhan hatte behauptet, dass „ein Gebäude, das einmal als Moschee gedient hat, keinem anderen Zweck zur Verfügung stehen darf“. Demgegenüber erklärte Dosithée Anagnostopoulos, ein Mitarbeiter des Pressedienstes des Ökumenischen Patriarchats zu Istanbul, dass die Aufrechterhaltung des Museumsstatus die einzige Möglichkeit zur Bewahrung der Kathedrale sei.

Hintergründe:

Ungeachtet des Umstands, dass bei der umfassenden Restauration unter der Leitung von Wissenschaftlern der Universität Edinburgh 1958 bis 1962 die kostbaren Fresken der Kathedrale wiederhergestellt worden waren, sollen diese bei der neuerlichen Umwandlung der Kirche in eine Moschee erneut „zugedeckt“ werden. Kunsthistoriker und Denkmalsschützer im In- und Ausland sind deshalb äußerst alarmiert, dass diesem einzigartigen Baudenkmal aus spätbyzantinischer Zeit irreparable Entstellungen drohen. Denn die bisherigen Umwandlungen unter der Regie der türkischen Stiftungsbehörde belegen durchgehend inkompetentes und unverantwortliches Vorgehen gegenüber Kulturdenkmälern der Spätantike und des Mittelalters. So wurde 2006 die Umwandlung der Kirche des Hl. Sergios und Bacchus (6. Jh.) zur „Kleinen Ayasofya Moschee“ in aller Heimlichkeit abgewickelt, ohne dass die internationale Wissenschaftsgemeinschaft die Möglichkeit zur archäologischen Dokumentation und Erforschung des Bauwerks erhielt. Bei der Umwandlung der Basilika Haghia Sophia (15. Jh.) in Iznik kam es zu entstellenden baulichen Veränderungen. Auch dieses byzantinische Gotteshaus war in türkisch-republikanischer Zeit zunächst in ein Museum umgewandelt worden.

Experten befürchten außerdem, dass die Umwandlung der Kathedrale in Trabzon als Testlauf für die Haghia Sophia in Istanbul dienen könnte, die das eigentliche Wunschziel der religiösen Rechten bildet.i Dass die Türkei bei dem triumphalistisch-maßlosen Vorgehen gegenüber dem sakralen Kulturerbe besiegter Religionen ihr Ansehen als Hüterin des in Kleinasien besonders reichen christlichen Weltkulturerbes aufs Spiel setzt, scheint bisher die Entscheidungsträger ebenso wenig beeindruckt zu haben wie die am 16.12.2011 verabschiedete Resolution 306 des US-Repräsentantenhauses. Dieses hatte die Türkei – bisher vergeblich – aufgefordert, den christlichen Kirchen jene Liegenschaften zurückzuerstatten, die ihnen im frühen 20. Jahrhundert durch Völkermord entrissen worden waren, und die Unterdrückung der überlebenden Mitglieder dieser großen christlichen Zivilisationen zu beenden, die einst die Mehrheit auf dem Gebiet der heutigen Türkei gebildet hatten.ii

Online-Protest:

AGA hat Anfang Juni 2013 eine online-Protestbriefaktion gegen die Umwandlung der Haghia Sophia-Kathedralen in Trabzon und Istanbul in englischer und türkischer Sprache gestartet. Wir rufen anlässlich der jüngsten Entwicklung erneut zur Teilnahme an der Protestbriefaktion auf.

https://www.aga-online.org/haghia-sophias-of-trabzon-and-istanbul/

Mehr:

http://www.orthodoxie.com/actualites/turquie-leglise-sainte-sophie-a-trebizonde-a-commence-a-fonctionner-comme-mosquee/


i. Finkel, Andrew: Mosque conversion raises alarm: Christian art in Byzantine church-turned-museum is at risk after controversial court ruling; in: Museums, Issue 245, April 2013,
http://www.theartnewspaper.com/articles/Mosque-conversion-raises-alarm/29200

ii. Vgl. den Text der am 15.06. eingebrachten Resolution, besonders Seite 2:
http://www.gpo.gov/fdsys/pkg/BILLS-112hres306ih/pdf/BILLS-112hres306ih.pdf